MMKs und warum der Begriff schon irreführend ist

 
Der Knaller zuerst, den viele sicher schon erahnen:
 
Wir haben diese Erreger in Deutschland ebenso. In genau derselben Dichte und Verbreitung. Die einzige Ausnahme bildet die Leishmaniose, die aber schon u. a. in Süddeutschland und großen Teilen NRWs angekommen ist.
Stellt euch die Europakarte mal vor eurem geistigen Auge vor. Alles knallrot, nur Deutschland ist grasgrün. Überall im Ausland böse Erreger, nur bei uns im bürokratischsten Staat Europas müssen die ihren Pass an der Grenze vorzeigen. Ganz klar. 
 
Verschiedene Erreger wie z. B. die Babesiose wurden in Deutschland schon Ende des 19. Jahrhunderts symptomatisch niedergeschrieben.
Ein Diktator hat Anfang des 20. Jahrhunderts sogar versucht, mit Anaplasma Biowaffen zu bauen, kam aber davon wieder ab, weil die nicht zuverlässig zum Ausbruch kommt wie z. B. Milzbrand.
 
Babesiose wird hier im Land fünffach häufiger übertragen als Borelliose. Und die wird bei Hunden, Pferden und Wildtieren nicht mal klinisch laut neuen Studien. Das kann ich quasi unterschreiben. Ausnahmslos alle Fälle von bisher erfolglos behandelter Borelliose-Patienten, die bei mir gelandet sind, hatten eine Babesiose. Die Symptomatik ist überaus ähnlich.
 
Warum winken Tierärzte ab, wenn man einen Hund darauf testen will, der nachweislich aber keine Pfote im Ausland hatte Zeit seines Lebens? Es wird immer auf die Auslandshunde geschimpft. Die bringen ja schließlich diese ganzen Erreger hier rein. Oder?
Ach ja... Die sind ja nicht übertragbar von Hund zu Hund... Und jetzt? ... 
 
Die Antwort ist ganz easy.
Die Hunde aus dem Ausland haben eine Odyssee hinter sich, bis sie hier sind. Sie werden gefangen, oft mehr schlecht als recht versorgt, und wenn sie dann adoptiert werden, werden sie in kürzester Zeit geimpft, gechipt, entwurmt, entfloht, kastriert und kommen dann auf einen Transport von bis zu 48 Stunden bis hierher.
 
Was denkt ihr, was das mit ihrem Immunsystem macht? Richtig, es ist völlig platt. Das öffnet den Erregern Tür und Tor und sie werden über kurz oder lang aktiv bei einigen Hunden.
Das Immunsystem ist normalerweise sehr gut in der Lage, diese Erreger lebenslang zu kontrollieren. Die existieren vermutlich seit Millionen von Jahren und sind fast ein natürlicher Teil des Körpers. Wir finden sie in 8 von 10 Tieren, Hunden, Pferden, Katzen und auch beim Menschen.
Solange das Immunsystem gepflegt und gehätschelt wird, und das beginnt mit dem grundlegendsten Bedürfnis, der Nahrungsaufnahme, sind diese Erreger auch gar kein Problem.
Es reicht aber am Beispiel Hund schon eine kurze Narkose wegen einer Zahnsanierung, die nicht vor- und nachbereitet wird für den Körper, um das Immunsystem so zu schwächen, dass es losgeht.
Zu den beliebtesten immunsuppressiven Vet-Anwendungen der Durchschnittspraxen gehören u. a.
Apoquel
Cortison
Cytopoint
Diverse Breitbandantibiotika mit Amoxicillin
Jede Sorte Zeckenmittel, egal ob oral oder Halsbänder oder Spot-Ons.
 
Jetzt bin ich THP und habe nix gegen Cortison. Wirklich nicht. Ganz untypisch.
Cortison ist ein Mittel, was lebensrettend ist und an sich eine echt gute Entdeckung. Übel wird es, wenn es wie Bonbons verteilt wird, wenn es dauerhaft gegeben wird, genau wie Antibiotika.
Grundsätzlich gilt für alle Mittel da oben: wenn man sie dauerhaft geben muss, dann wurde die Ursache nicht gefunden und nicht untersucht.
 
Übrigens ist Reno da unten auf dem Bild einer der Hunde, die nachweislich nie im Ausland waren. Er hatte Toxoplasmose, Anaplasmose und Babesiose. Symptomatisch ist es bei ihm oberflächlich zusammengefasst als harter Rücken, Inkontinenz, Abmagerung zutage getreten.
 
Je nach Kombination der Erreger und nach Tier variieren die Symptome sehr stark.
Seid wachsam, wenn sich plötzlich Problemchen einschleichen, mit denen man einfach zu leben lernt. Irgendwann wird daraus ein Konglomerat an Symptomen in verschiedenen Bereichen, dann ist euer Tier schon sehr lange krank. Spätestens, wenn ein Symptom dazukommt, mit dem man nicht mehr leben kann, geht meistens die Odyssee los.
 
Ich habe einen Hund daran verloren und einen fast. Deshalb habe ich mich vor sechs Jahren darauf spezialisiert. Diese Erreger sind so verbreitet, dass sie nicht ausgeklammert werden dürfen, besonders, wenn ein Tier völlig diffuse Symptome zeigt.
 
Es gibt übrigens Krankheitsbilder, die sehr gern verwechselt werden. Dazu gehören z. B.
Cushing
Atopische dermatitis
Futtermittelallergien
Epilepsie,
auch Angst - und aggressive Hunde gehören dazu.
 
Wenn ihr bis hierher gelesen habt und euren Hund erkannt habt, womöglich schon eine Odyssee bei Tierärzten hinter euch habt, meldet euch. Ich bin sicher, wir finden einen Weg.
 
Herzlichst,
Diana

Opa Reno. Bei Behandlung 15 Jahre alt.